Baulohn – eine Klasse für sich!

Einblick in die Bauwelt 2021

Baulohn – eine Klasse für sich!

Das Erscheinungsbild in Deutschland verändert sich immer mehr. Kleine und große Baustellen. Wir finden sie überall. Ob es der Bau eines neuen Bürokomplexes ist, neuer Wohnraum geschaffen wird oder ein Straßenabschnitt wird saniert. Man kann regelrecht von einem Bauboom sprechen. Nicht ohne Grund ist das Baugewerbe in Deutschland eine der wichtigsten Branchen. Selbst in der jetzigen Corona-Pandemie steht nichts still.

Die Abrechnung von Baulohn stellt dabei auch eine Besonderheit in der Entgeltabrechnung dar. Aber was macht den Baulohn nun so besonders und warum spricht man von der Königsdisziplin in der Lohn- und Gehaltsabrechnung?

Im Vergleich zur „normalen“ Lohn- und Gehaltsabrechnung müssen zu den arbeits-, lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen auch saisonale Arbeitseinflüsse berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass beschäftigte Arbeitnehmer von vornherein absehbare Arbeitsunterbrechungen im Jahr haben werden, wie zum Beispiel im Gerüstbau, oder es gibt witterungsbedingte Arbeitsunterbrechungen.

Für den finanziellen Ausgleich sorgen hier die sogenannten Sozialkassen für spezielle Gewerke. Neben der Abwicklung mit den Sozialkassen und dem Meldeverfahren sind die einzelnen Tarifverträge im Baugewerbe zu beachten, die entweder allgemeinverbindlich sind oder nur für spezielle Gewerke gelten. Hinzu kommen verschiedene Arbeitszeitregelungen, Urlaubsberechnungen, zusätzliche Ansprüche in den Wintermonaten, Sondervergütungen, Sofortmeldungen, Branchenmindestlöhne u. v. m.

Gehalt oder Lohn?

Bei der Baulohnabrechnung gibt es beides. Beschäftigte im Baugewerbe erhalten entweder Lohn oder ein Gehalt. Beschäftigte, die in der Verwaltung tätig sind, bekommen ein Gehalt, das je nach Gewerbe und Tarifvertrag in unterschiedliche Gruppen eingruppiert ist. Diejenigen die direkt im Bau tätig sind (gewerbliche Arbeitnehmer), erhalten einen (Bau-)Lohn. Auszubildende müssen auch gesondert betrachtet werden, weil je nach Gewerbe unterschiedliche Ausbildungsvergütungen gezahlt werden.

Bauhauptgewerbe und Baunebengewerbe

Diese Begrifflichkeiten sind weit verbreitet. Trotzdem besteht immer wieder die Schwierigkeit Sie zu unterscheiden. In der Bauwirtschaft werden Unternehmen zum Bauhauptgewerbe gerechnet, wenn deren wirtschaftliche Tätigkeit bzw. deren Bauleistungen überwiegend dem Hoch-, Tief- und Ingenieurbau, Wasserbau, Straßenbau- und Landschaftsbau, Gerüstbau, Dachdeckerei und Zimmerei oder aber auch Sanierung, Renovierung oder Instandsetzung zuzuordnen sind. Das Baunebengewerbe lässt sich daher klar abgrenzen. Es wird unterteilt zwischen Ausbau- und Hilfsgewerbe. Diese Unternehmen führen beispielsweise Elektroabreiten aus, Schließen Heizungs- und Sanitäranlagen an oder führen Malerarbeiten durch. Wenn es um Zuarbeiten oder Hilfsarbeiten geht, gehört man zum Bauhilfsgewerbe.

Sozialkassen des Baugewerbes

Eine Sozialkasse ist eine gemeinsame Einrichtung aus Tarifvertragsparteien (Verbände aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen). Spezielle Untergruppen der Sozialkasse sind die Lohnausgleichskassen, Zusatzversorgungskassen und Urlaubskassen. Je nach Bereich des Baugewerbes ist eine andere Sozialkasse zuständig, bei denen die Arbeitnehmer gemeldet sein müssen. Ausgelegt sind diese Sozialkassen auf die Bedürfnisse der sozialen Absicherung des jeweiligen Baugewerbes.

Zu den wichtigsten zählen die
• Sozialkasse der Bauwirtschaft (SOKA-Bau)
• Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes (SOKA-Gerüst)
• Sozialkasse für Dachdecker (SOKA-Dach)
• Sozialkasse des Maler- und Lackiererhandwerks
• Sozialkasse der Stein-, Erd- und Betonindustrie (der SOKA-Bau zugeordnet)
• Sozialkasse für den Garten- und Landschaftsbau (EWGaLa)

Am Sozialkassenverfahren muss ein Unternehmen teilnehmen, wenn dieses SOKA-pflichtig ist. Kurz gesagt, der Arbeitgeber zahlt regelmäßig Beiträge und erstellt dazu monatlich Meldungen. Die Höhe der Beiträge bemessen sich jeweils an der Höhe der Bruttolohnsumme aller gewerblichen Beschäftigten. und zusätzlich kommen bei allen Kassen – außer der Malerkasse) die geltenden Winterbeschäftigungsumlage dazu, die direkt an die Agentur für Arbeit weitergeleitet wird. Die Sozialkassen verwalten die Beiträge und diese werden entsprechend an die Beschäftigten ausgeschüttet.

Mindestlohn oder Branchenmindestlohn

Es gibt etliche Branchenmindestlöhne, die neben dem gesetzlichen Mindestlohn gelten. Ausgehandelt werden die Branchenmindestlöhne von den Gewerkschaften und den Arbeitgebern bzw. Arbeitgebervertretern. Durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann das Ergebnis der Tarifverhandlungen, somit also der Tarifvertrag, gemeinsam mit dem Ausschuss aus Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern für allgemeinverbindlich erklärt werden. Dann gilt ein allgemeinverbindlicher Branchenmindestlohn für alle Beschäftigten in der entsprechenden Branche, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber einen Tarifvertrag abgeschlossen hat und tarifgebunden ist oder nicht.

Grundsätzlich kann man sagen, dass der Branchenmindestlohn höher ist als der gesetzliche Mindestlohn. Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe können sich seit dem 01.01.2021 über einen höheren Branchenmindestlohn freuen. Wichtig beim Branchenmindestlohn ist, dass dieser je nach Tätigkeit unterschieden werden muss. Die genaue Definition ist im Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe zu finden.

E
benso sind im Bauhauptgewerbe die Löhne gestiegen, es gibt seitdem letzten Jahr eine Wegezeit-Entschädigung und die Ausbildungsvergütungen wurden gestaffelt nach Ausbildungsjahren angehoben. Zudem wird wie in fast allen Gewerken eine Corona-Prämie gezahlt.

Das
Maler- und Lackiererhandwerk kommt ab dem 01.05.2021 in den Genuss eines höheren Branchenmindestlohns. Die Tarifpartner haben sich nach vier langen Verhandlungsrunden geeinigt. Aber auch hier steigt nicht nur der  Branchenmindestlohn, sondern auch der Bundesecklohn, die Ausbildungsvergütungen werden ab dem 01.08.2021 zweistufig erhöht und die Corona-Prämie soll mit der Lohnabrechnung April 2021 (spätestens 15.05.2021) ausgezahlt werden.

Das
Dachdeckerhandwerk zieht am 01.10.2021 nach. Löhne und Gehälter werden steigen. Der neue Branchenmindestlohn und auch die Ausbildungsvergütungen gelten aber schon ab dem 01.01.2021. Im Gerüstbauer-Handwerk haben sich die Tarifvertragsparteien bereits im September 2020 geeinigt auf einen höheren Eck- und Mindestlohn, eine höhere Ausbildungsvergütung sowie eine Corona-Prämie.

Im
Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau gilt seit 2019 der gesetzliche Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG). Demnach sind hier die Änderungen nach der „Dritten Mindestlohnanpassungsverordnung“ zu berücksichtigen.

Witterungsbedingte Regelungen

Sturm, Wind, Schnee – schon können die Arbeiten im Baugewerbe unzumutbar sein und die Sicherheit der Beschäftigten ist gefährdet. Was droht, sind saisonale Kündigungen. Aber gerade diese Flut an Kündigungen soll vermieden werden. Daher besteht die Möglichkeit, in den Wintermonaten Saison-Kurzarbeitergeld (Saison-Kug) zu beziehen. Die Saison-Kug-Regelung ist als Sonderregelung des Kurzarbeitergeldes konzipiert und hat sich als eine attraktive und moderne Alternative zu Entlassungen in den Wintermonaten bewährt. Für das Gerüstbauer-Handwerk wird sich die Regelung für den witterungsbedingten Arbeitsausfall ab dem Schlechtwetterzeitraum Dezember 2021 bis März 2022 verändern.

Ab dem 01.04.2021 treten tarifvertragliche Neuerungen im Rahmentarifvertrag(RTV) und dem Verfahrenstarifvertrag für das Gerüstbauer-Handwerk (VTV) in Kraft. Die bisherige Überbrückungsgeldregelung wird durch das Saison-Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit (BA) ersetzt.

Bis zum 31.03.2021 hat ein gewerblicher Arbeitnehmer in Betrieben des Gerüstbauer-Handwerks während der Schlechtwetterzeit (01.11. bis 31.03.) für jede tatsächliche Ausfallstunde aus zwingenden witterungsbedingten Gründen, höchstens jedoch für 150 Ausfallstunden im Kalenderjahr, Überbrückungsgeld erhalten. Der Arbeitsausfall eines Schlechtwettertags muss sich auf mindestens 1 Stunde belaufen.

Fazit

Anhand der Vielzahl von Besonderheiten und Änderungen muss man sich bei der Berechnung von Baulohn mit mehr als dem „normalen“ Lohn auskennen. Daher ist es wichtig, die aktuellen Regelungen im Blick zu behalten und sich regelmäßig schulen zu lassen. Ohne Fachkenntnisse und entsprechende Hilfsmittel ergeben sich Fehlerquellen, die in Zukunft zu Problemen führen können. Mittlerweile gibt es spezielle Softwareprogramme, die Ihnen die Abrechnung erleichtern können.

Autorin: Janette Rosenberg, freiberufliche Trainerin und Beraterin, stellvertretende Chefredakteurin LOHN+GEHALT Magazin

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