Verzicht auf Probezeit = Kündigungsschutz?

Nach § 622 Abs. 3 BGB kann während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Es kommt dennoch vor, dass in Arbeitsverträgen ausdrücklich geregelt wird: „Es wird keine Probezeit vereinbart.“ Die Vorstellungen über die Bedeutung einer solchen Regelung können sehr unterschiedlich sein und zu Streit führen. Dies zeigt auch das Urteil des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg vom 18.06.2019 – 15 Sa 4/19.

Construction law.

Die Klägerin war bei dem Arbeitgeber zunächst als Leiharbeitnehmerin beschäftigt. Der Arbeitgeber stellte sie mit Wirkung zum 01.06.2017 ein und nahm in den Arbeitsvertrag die beschriebene Regelung auf. Mit Schreiben vom 28.11.2017 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich. Die Klägerin nahm in dem Rechtsstreit unter anderem an,  dass das Kündigungsschutzgesetz aufgrund des Verzichts auf eine Probezeit im Arbeitsvertrag auf jeden Fall anwendbar sei.

Zu Unrecht, wie das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in seinem Urteil feststellte. Die Regelung stelle nämlich lediglich klar, dass keine Probezeit im Sinne des § 622 Abs. 3 BGB vereinbart sei, die eine Kündigung mit einer kürzeren Kündigungsfrist ermögliche. Ein Verzicht auf die sechsmonatige Wartezeit, nach der der allgemeine Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 1 KSchG anwendbar sei, liege in der Regelung für sich genommen nicht.

Fazit:

Zwischen der Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz und der Probezeit (§ 622 Abs. 3 BGB) ist zu unterscheiden. Allein die Regelung in einem Arbeitsvertrag, dass keine Probezeit vereinbart wird, führt nicht zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Mithin bedarf es auch bei Vorliegen einer solchen Klausel bei einer Kündigung, die innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer zugeht, keines Kündigungsgrundes.

Zu beachten ist allerdings, dass der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz auch stillschweigend für ein Arbeitsverhältnis vereinbart werden kann, das noch keine sechs Monate besteht (vgl. LAG Köln Beschluss vom 15.12.2006 – 9 Ta 467/06). Wenn Arbeitgeber einen Verzicht auf eine Probezeit vereinbaren, sollten Sie deswegen keine Umstände setzen, die darauf hindeuten könnten, dass auch die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG abbedungen werden soll.

Autor: Frank Martin Thomsen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei BATTKE GRÜNBERG Rechtsanwälte PartGmbB

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